300. Geburtstag Friedrichs des Großen
Zwei spannende Biografien
(be) Große Jubiläen sind oft ein willkommener Anlass, sich mit bedeutenden Persönlichkeiten der Geschichte zu beschäftigen. Am 24. Januar 2012 jährte sich zum 300ten Mal der Geburtstag Friedrichs des Großen und das wurde mit Ausstellungen und Veranstaltungen in Berlin und Potsdam gefeiert. Wir möchten Ihnen hier stellvertretend zwei der vielen Biographien vorstellen. Die beiden Werke sind höchst unterschiedlich. Gratulieren kann man beiden Autoren, Tom Goeller und Tillman Bendikowski, dazu, mit ihren Büchern Begeisterung für Geschichte zu wecken. Ich gehöre zu den bestimmt nicht gerade wenigen Menschen, die Geschichte aus der Schulzeit noch als absolut öde und langweilig in Erinnerung haben. Die beiden Biographien habe ich jedoch mit großer Begeisterung gelesen. So macht Geschichte Spass!
„Der Alte Fritz“ von Tom Goeller
(be) Wie groß das Interesse am Alten Fritz ist, zeigte sich unlängst auch im Kulturkaufhaus Dussmann in der Friedrichstraße, als zur Buchvorstellung 180 Gäste kamen. Neben Tom Goeller saß an diesem Abend auch Gregor Gysi auf dem Podium, der sich wohl als einziger von vierzig angesprochenen Politikern getraut hat, etwas aus seiner Sicht über den Alten Fritz zu sagen. Genau dieser Umstand hat den politischen Journalisten Tom Goeller gereizt, sich mit Friedrich dem Großen zu beschäftigen und in seinem Buch auch intensiv den Zeitbezug herzustellen. Die Biographie ist gegliedert in die Bereiche Mensch, Monarch und Mythos. Die Schilderung von Kindheit und Jugend Friedrichs mit dem grausamen Verhältnis zu seinem Vater nimmt breiten Raum ein, die Beziehung zu Frauen und speziell auch seiner Ehefrau Elisabeth Christine wird ausführlich dargestellt. Im zweiten Teil des Buches erleben wir den kriegführenden Monarchen. Und abschließend schildert Goeller im Teil „Mythos“, wie die Nachwelt, vom Kaiserreich über die Nationalsozialisten bis hin zur DDR jeweils den Alten Fritz für sich kompatibel gemacht hat.
Tom Goeller hat sich bei der Recherche zu seiner Biografie durch riesige Mengen historischer Quellen gearbeitet und diese neu interpretiert. Zusammen mit Aussagen prominenter Zeitgenossen wie Helmut Schmidt, Peter Scholl-Latour, Henry Kissinger und anderen liegt mit Goellers Buch genug packendes Material vor, mit dessen Hilfe sich jeder Leser sein eigenes Bild von Friedrich dem Großen machen kann. Tom Goellers Biographie ist dabei wunderbar locker und modern geschrieben, eben ganz anders und deshalb so einladend. Goeller hat selbstverständlich wissenschaftlich gearbeitet, ihm gebührt aber Dank dafür, mit seiner Biografie das Leben Friedrichs des Großen für den Normalbürger leicht verständlich gemacht zu haben. Ich wurde in dieses Buch hineingezogen und habe die 350 Seiten in zweieinhalb Tagen verschlungen. Ich fand es total spannend, viel über die schillernde Figur des alten Fritz zu erfahren, und dabei gleichzeitig Einblicke in Leben und Denkweise des 18. Jahrhunderts zu bekommen.
Tom Goeller lebt heute in seiner Wahlheimat Berlin, studierte amerikanische Geschichte und Politik und arbeitet als Journalist für Zeitungen wie die „The Washington Times“ oder „Egypt today“ als Deutschland-Berichterstatter.
„Der Alte Fritz“ von Tom Goeller / Verlag Hoffmann und Campe 2011
351 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-455-50219-0 – Preis: 21,99 Euro
„Friedrich der Große“ von Tillman Bendikowski
(be) Auch der Historiker und Journalist Tillman Bendikowski versteht es, sein Publikum zu packen. Wir erleben den Autor bei der Präsentation seiner Biographie „Friedrich der Große“ im Hause Bertelsmann und könnten ihm stundenlang zuhören. So präsentiert, ist Geschichte einfach wohltuend entstaubt. Schnell wird klar, das die Beschäftigung mit dem 46 Jahre lang regierenden König sehr spannend ist. „Bei Friedrich dem Großen langweilt man sich nie“ so Tillman Bendikowski.
Das Buch ist angenehm zu lesen, die Zeit der Kindheit und Jugend bis hin zum Tod des Vaters von Friedrich dem Großen ist weniger ausführlich dargestellt. Es ist erstaunlich, wie man als Leser je nach Autor ein unterschiedliches Bild Friedrichs des Großen gewinnt.
Bendikowski legt vielmehr den Schwerpunkt seines Buches vor allem auf die Zeit nach Friedrichs Tod. Schildert, wie die Nachwelt mit ihm umgegangen ist und wie Friedrich bis in unsere Zeit nachwirkte. Wie Nationalsozialisten ihn zum „ersten Nationalsozialisten“ ernannten und auch die DDR ihn für sich passend machte. Zum Schluss erklärt Bendikowski Friedrich den Großen mit dem Begräbnis in Potsdam im Jahr 1991 auch politisch für tot. Er sei seitdem keine identitätsstiftende Figur mehr. Eine saubere Historisierung sei dadurch möglich.
Über den Autor: Tillmann Bendikowski ist Leiter der Medienagentur Geschichte in Hamburg und verfasst Beiträge für Printmedien und Hörfunk. Außerdem betreut er die wissenschaftliche Realisierung von Forschungsprojekten und historischen Ausstellungen.
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 336 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
16 Seiten farbiger Bildteil
ISBN: 978-3-570-01131-7
Unsere Empfehlung:
Lesen Sie beide Biographien! Machen Sie sich Ihr eigenes Bild, besuchen Sie ab April 2012 die Ausstellung „Friederisiko“ in Potsdam oder andere Orte an denen Friedrich der Große wirkte. Begehen Sie so Ihr eigenes Friedrichjahr. Lassen Sie sich faszinieren von der deutschen Geschichte. Ich habe die Bücher teilweise in der Nähe meines PCs gelesen, um schnell Bilder und Porträts aus Friedrichs Zeit aufrufen oder Informationen ergänzen zu können. Wer noch tiefer in die Materie einsteigen möchte, findet im Web übrigens jede Menge Material dazu. Zum Beispiel die umfangreichen und hochinteressanten Memoiren von Friedrichs Schwester, Wilhelmine von Bayreuth, sowie Schriftwechsel mit Voltaire oder gar die Schatullrechnungen von Friedrich dem Großen. Dort können Sie feinsäuberlich notiert sehen, wofür der König damals so Geld ausgegeben hat.