Die queere Hauptstadt Berlin

Tipps für Berlins Schwulen- und Lesben-Szene

Lesbisches Paar Lesbisches Paar

(btm/be) Aufregend, tolerant, international – Berlin ist eine der spannendsten Städte und ein Epizentrum der Schwulen- und Lesben-Szene in Europa, die hier ganz besonders gut in den städtischen Alltag integriert ist. In Berlin gibt es nicht einen Szene-Kiez, sondern eine Vielfalt an Zentren: vom historischen Schöneberg über das alternative Kreuzberg bis zum entspannten Prenzlauer Berg. Aber auch das kosmopolitische Mitte, das kreative Kreuzkölln – das nördliche Neukölln an der Grenze zu Kreuzberg – und das studentische Friedrichshain haben der Community viel zu bieten. Das Nachtleben ist angenehm unprätentiös und integrativ. Vielerorts feiern Schwule, Lesben und Heteros ausgelassen zusammen. Von zart bis hart, Disko bis Techno, Tanztee bis Darkroom – in Berlin ist für alle Ausrichtungen etwas dabei, und das rund um die Uhr.

Seit Magnus Hirschfeld 1897 die erste schwule Organisation der Welt gründete – das Wissenschaftlich-Humanitäre Komitee – führt Berlin die schwul-lesbische Emanzipationsbewegung an. Bereits in den 20er Jahren tobte in der Hauptstadt das pralle schwule und lesbische Nachtleben und zog Künstler, Schauspieler und Kreative sämtlicher Couleur in seinen Bann. Diese unbekümmerte Lebensweise fand ab 1933 vorläufig ein Ende. Die Nazis deportierten über 50.000 Homosexuelle in Konzentrationslager, in denen sie durch einen rosafarbenen Winkel an ihrer Kleidung markiert wurden. Viele wurden ermordet. Zwei Gedenkstätten erinnern an dieses dunkle Kapitel in der deutschen Geschichte: ein dreieckiger Gedenkstein aus rosa Granit am Nollendorfplatz in Schöneberg und das 2008 enthüllte Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen am östlichen Rand des Tiergartens.

Nach dem Krieg wurde die Szene nicht nur wiederbelebt, sie wurde sogar größer und vielfältiger als je zuvor. So erstaunt es heute niemanden mehr, dass der seit 2001 Regierende Bürgermeister Berlins sich offen zu seiner Homosexualität bekennt. Oder dass jedes Jahr viele schwule und lesbische Touristen in die Stadt reisen, um zu feiern oder die neuesten Mode- und Lifestyle-Trends zu entdecken. Ein Höhepunkt des Jahres ist der Christopher Street Day, bei dem im Juni Hunderttausende durch die Straßen ziehen und für gleiche Rechte demonstrieren. Das Schwule Museum im Stadtteil Tiergarten dokumentiert die Geschichte homosexuellen Lebens in Berlin und gibt Einblick in unterschiedliche Lebensentwürfe.

Umfangreiche Informationen über die Berliner Szene inklusive Eventkalender bieten die Monatsmagazine Siegessäule und Blu, die umsonst in vielen Restaurants, Cafés und Bars der Stadt ausliegen.

Viel los in Schöneberg

Die Gegend rund um den Nollendorfplatz ist bereits seit den 20er Jahren ein Mekka der Schwulen. Männer trafen sich im Travestie-Lokal Eldorado (Motzstrasse 24), in dem sich auch Marlene Dietrich und Claire Waldorff  vergnügten. Christopher Isherwood, auf dessen Roman Berlin Stories das weltbekannte Film-Musical Cabaret basierte, lebte ebenfalls im Kiez. In der Nollendorfstraße 17 erinnert eine Gedenktafel an ihn.

Auch heute zeigt Schöneberg Regenbogen-Flagge. Ob Fitness-Studio, Boutique oder Buchhandlung: viele Angebote richten sich speziell an ein schwul-lesbisches Publikum. Das Lesbisch-Schwule Straßenfest, das den Kiez Mitte Juni rund um die Motzstraße für ein Wochenende vereinnahmt, gehört zu den Höhepunkten des Berliner Festival-Kalenders und dient als Aufwärmrunde für den Christopher Street Day am Monatsende. Im September zieht es die Leder- und Fetischgemeinde zum Folsom Europe nach Schöneberg.

Einige Kneipen und Cafés sind über die Jahre zu wahren Institutionen der Szene geworden, wie beispielsweise das Café Berio (Maaßenstr. 7 – 10777 Berlin).  Bei Kaffee und Kuchen lässt sich hier das bunte Treiben auf der Maaßenstraße beobachten. Auch HarDie’s Kneipe (Ansbacher Str. 29 – 10789 Berlin) hat eine große Fangemeinde. Zu den beliebtesten Restaurants zählt das durchgestylte More (Motzstraße 28, 10777 Berlin), das im Designer-Ambiente von früh bis spät internationale Speisen serviert.

Jüngere Schwule mögen mittlerweile andere Kieze – allen voran Kreuzberg – zum Flirten und Feiern bevorzugen, gleichwohl ist in Schöneberg weiterhin jede Menge los, vor allem in der Motzstraße und in der Fuggerstraße. Zum entspannten Einstieg in den Abend bietet sich der Hafen (Motzstrasse 19, 10777 Berlin) an, oder der Abend beginnt in der exklusiv anmutenden Heilen Welt (Motzstrasse 5, 10777 Berlin). Das Prinzknecht (Fuggerstrasse 33)  ist vor allem für seine ausgelassenen Motto-Partys (Abba, Halloween, Grand Prix) bekannt.

Zu einem regelmäßigen Freitagstreff verabredet sich die Gruppe „Transisters“. Schon im Jahre 2001 rief diese Gruppe ein regelmäßiges, offenes Treffen für Transvestiten, Transsexuelle und all diejenigen, die das bei ihrer Geburt zugewiesene Geschlecht als nicht bindend empfinden, ins Leben. Die TransSisters sind keine Selbsthilfegruppe, es gibt keine vorgegebenen Themen, keine festgelegten Aufnahmerituale oder Auswahlkriterien und auch keine Vereins- oder sonstige feste Struktur. Die Treffen sind offen für alle Transgender, PartnerInnen und Freunde. Jede/r kann sich einbringen. Wie der Abend verläuft, mit wem man sich über was unterhält oder auch nicht, bleibt jeder und jedem selbst überlassen. Das Freitagstreffen der TransSisters in Berlin findet in der Bar Voyage statt. (Nollendorfstraße 1, 10783 Berlin) Zur Website

Für die Lesben-Szene ist die Frauenkneipe Begine (Potsdamer Str. 139, 1o783 Berlin) hervorzuheben, in der auch kulturelle Events und Partys stattfinden. Lesungen, Skatabende, Yoga und mehr werden ebenfalls angeboten.

Kreuzberg und Neukölln

Die schwule Szene konzentriert sich in Kreuzberg an mehreren Orten. Im westlichen Teil empfiehlt sich ein Streifzug durch den Bergmannkiez, in dem schöne Geschäfte und Restaurants zu finden sind. Der angrenzende Mehringdamm hat sich zur Amüsiermeile gemausert.

Das glitzernde Rauschgold (Mehringdamm 62, 10961 Berlin) lockt, in dem meist die ganze Nacht gute Stimmung herrscht. Frauen jeden Alters zieht es außerdem besonders am Samstag zum Feiern in die nahegelegene Serene Bar (Friesenstr. 14/Eingang Schwiebusserstr., 10965 Berlin). Im Boiler sind Männer unter sich: Dampf- und Trockensauna bieten Entspannung, während im angrenzenden Cruising-Bereich das nächste Abenteuer wartet.

Im alten Kreuzberg 36 konzentriert sich das Nachtleben vor allem rund ums Kottbusser Tor. Gutes Bier bietet der Bierhimmel (Oranienstraße 183, 10999 Berlin) in der Oranienstraße, der seinem Namen alle Ehre macht. Hipster fühlen sich besonders im Café Luzia (Oranienstraße 34, 10999 Berlin) wohl. Später am Abend gehört ein Besuch in der flauschig-schräg eingerichteten Roses Bar (Oranienstraße 187, 10999 Berlin) zum Pflichtprogramm. Direkt nebenan ist das SO 36, Mutter aller Punkclubs, das auch mit Partys speziell für die schwul-lesbische Szene aufwartet. Hier schwofen die Besucher sonntags adrett zu Standard und Latein beim Café Fatal. Einmal im Monat bittet die Gayhane Party mit türkischem und arabischem Pop auf den homoOriental dancefloor.

Auch am Schlesischen Tor und südlich davon ist nachts viel los. Die monatliche Irrenhouse Party im Comet Club (Falckensteinstraße 47) von Drag-Queen Nina Queer ist schon lange eine Institution im schwulen Nachtleben. Leckere Cocktails bietet das schrill-trashige Barbie Deinhoff’s (Schlesische Str. 16, 10997 Berlin).  Das Monster Ronson’s Ichiban Karaoke (Warschauer Str 34, 10234 Berlin) jenseits der Oberbaumbrücke zieht montags vor allem queeres Publikum zum Multisexual Boxhopping an. Wer gleich zur „Sache“ kommen möchte, macht sich auf zur Naked Sex Party im Club Culture Houze (Görlitzer Str. 71, 10997 Berlin), der auch an anderen Abenden mit verschiedenen Fetisch-Themen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Heteros anzieht.

Mittlerweile ist der Nachtleben-Funke über den Landwehrkanal in den Norden Neuköllns, auch Kreuzkölln genannt, übergesprungen. In dem neuen Szenekiez öffnen fast jede Woche neue Galerien, kleine Geschäfte und Kneipen. So hat das queere Kneipenkollektiv Silverfuture (Weserstr 206, 12047, Berlin) hier seinen kitschig-plüschigen Sitz. Ein paar Schritte weiter lädt das klitzekleine Theater im Keller (Weserstraße 211/ Ecke Friedelstraße 12047 Berlin beim Hermannplatz) am Wochenende zu schrillen Travestieshows ein. Wer es extravaganter mag, sollte in der Galerie Studio St. St. (Sanderstr. 26) vorbeischauen, in der Malerin, Sängerin und Drag Queen Juwelia Soraya ihre ausgefallenen Chanson-, Theater- und Musik-Abende abhält.

Das SchwulenZentrum – kurz SchwuZ – zählt zu den Urgesteinen Berlins queerer Szene. Nach fast zwanzig Jahren am Mehringdamm ist das SchwuZ Ende 2013 auf das Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln gezogen. Mit Partys wie Madonna Mania, dem sportiven Popkicker oder der Lesben-orientierten L-Tunes bedient der Club beinahe alle Vorlieben.

Jung und dynamisch: Friedrichshain

In Berlins studentisch-geprägtem Partykiez geht das Schwul-lesbische Stammpublikum zum Trinken gerne ins Himmelreich, (Simon-Dach-Straße 36, 10245 Berlin) das dienstags Frauen vorbehalten ist. Die einschlägige Cruising-Kneipe mit Darkroom ist die Grosse Freiheit 114 (Boxhagener Strasse 114). Auch die Bar Zum Schmutzigen Hobby, (Revaler Straße 99, 10245 Berlin-Friedrichshain) die abgefahrene Bar von Trash-Drag-Queen Nina Queer hat viele Fans.

Das absolute Party-Schwergewicht im Friedrichshainer Kiez ist das Berghain. Weltbekannt DJs ziehen das internationale Publikum in das dunkle Labyrinth eines ausrangierten Heizwerks, wo von den Dancefloors bis zu den Darkrooms einem unbefangenen Hedonismus gefrönt wird. Im selben Gebäude gibt es außerdem die Berghain Kantine, wo sich bärige Männer am letzten Freitag des Monats zur Pet Shop Bears Party ein Stelldichein geben, sowie den Fetischclub Lab.oratory, (Am Wriezener Bahnhof, 10243 Berlin Friedrichshain) der mit Partys wie Naked Sunday oder Yellow Facts besonders experimentierfreudige Männer anzieht.

Im Gegensatz zur strikten Türpolitik des Berghain ist in der Busche jeder willkommen. Berühmt-berüchtigt für seine trashige Deko und Chartmusik, genießt dieser Club in den Bögen unterhalb der S-Bahngleise direkt an der Haltestelle Warschauer Straße besonders bei jungen Partygängern Kultstatus.

Familienkiez und queere Szene: Prenzlauer Berg

Zwar ist es etwas ruhiger im Prenzlauer Berg geworden, aber keine Sorge: Es gibt immer noch eine hippe schwul-lesbische Community und jede Menge angesagte Cafés, Bars, Lounges und Clubs zum Treffen, Trinken, Feiern und Kennenlernen. Die meisten Locations sind durchmischt oder nur an bestimmten Tagen Schwulen-Treffpunkt. So hält mittwochs die Community in dem im Retrostil eingerichteten Marietta Einzug, während donnerstags die schlauchartige Lounge-Bar namens Perle mit dem internationalen Queer Beer Thursday bei Touristen und Neu-Berlinern beliebt ist.

In der Gleimstraße ist das Schall und Rauch (Gleimstraße 23, 10437 Berlin) eine Institution, die besonders für ihr schickes Design, opulentes Wochenend-Frühstuck und ihre angeschlossene Pension bekannt ist. In schummriger Beleuchtung entspannen die Gäste im winzigen Kiezliebling Privatleben (Rhinower Straße 12, Ecke Gleimstraße, 10437 Berlin).  Donnerstagnacht bietet sich Chantal’s House of Shame (Schönhauser 176 a, 10119 Berlin)  im Bassy Club für Partygänger an. Gastgeberin Drag Queen Diva Chantal begrüßt jeden Woche skurrile Bands oder verrückte Performance-Künstler aus aller Welt zu ihrer Party. Entspanntes Cruisen erleben Männer in der Greifbar (Wichertstr. 10, 10439 Berlintr. 10) mit sehr durchmischtem Publikum oder im XXL. Härter geht hingegen im Stahlrohr 2.0 (Paul-Robeson-Str. 50, 10439 – Berlin) zu, das mit der Naked Sex Party, dem Sklavenmarkt und anderen Themenpartys punktet.

Speziell für Frauen gibt es jeden Donnerstag die Afterwork Party New Adventures of the old Freizeitheim im Mauersegler am Mauerpark sowie die Mondo Klit Rock Party, die monatlich im Roadrunner’s Club gastiert.

Mitte: Trend- und modebewusst

Der Bezirk übt vor allem eine große Anziehungskraft auf eine trend- und modebewusste Szene aus. In den verwinkelten Gassen und vielen kleinen Hinterhöfen rund um den Hackeschen Markt haben viele Modelabels und Berliner Designer ihre Läden. Auch die laute Torstraße hat sich zur Ess- und Trinkmeile entwickelt, die Menschen jeglicher sexueller Orientierung anzieht. Die Kreativszene trifft sich gerne im pseudo-trashigen Trust, in der es Getränke nur flaschenweise gibt; oder in der schicken Neuen Odessa Bar, wo es oft von Models zu wimmeln scheint. Ebenfalls fest in der Szene verankert sind die exklusive Bar Tausend, die kleine King Size Bar und Mein Haus am See, das allabendlich ein Kunst- und Kulturprogramm anbietet. Speziell an die schwul-lesbische Szene gerichtet ist die pinke Sharon Stonewall Bar (Kleine Präsidentenstr 3, 10178 Berlin). Bei entspannter Musik und gut gemixten Cocktails unter dem Diskoball lässt sich der Abend besonders gut einleiten oder ausklingen. Ein paar Kontraste zu der schicken Mitte-Szene gibt es auch.

Besonders freizügig geht es im legendären KitKatClub (Köpenicker Str. 76, 10179 Berlin) zu, in dem sich von Freitag bis Montag ein polysexuelles Publikum zum Tanzen, Flirten und mehr tummelt. Wer es zwar erotisch, aber etwas eleganter mag, sollte sich samstags ins Insomnia begeben.

Die queere Szene findet langsam ihren Weg auch in den Wedding. Früher als eher szenefreier Stadtteil abgetan, lädt Drag Queen Nina Queer einmal im Monat zu Rose Kennedy im Keller-Club Brunnen 70.

Berlin – erste Weltstadt mit umfassendem LGBT-Konzept

Berlin ist eine tolerante und offene Metropole und zählt zu den führenden Gay-Travel-Reisezielen. Das Hotelnetzwerk pink pillow Berlin Collection richtet sich gezielt an queere Touristen. Die weltweit einzigartige Initiative von visitBerlin und derzeit mehr als 50 Berliner Hotels steht für schwulen- und lesbenfreundliche Unterkünfte, die sich der Community besonders empfehlen. Die pink pillow Berlin Collection wird schrittweise um weitere Hotels ergänzt. Eine aktuelle Übersicht der teilnehmenden Hotels und weitere Informationen gibt es auf pinkpillow-berlin.de.