Grüne Woche – Eindrücke
Schlemmen und Entdecken in 26 Hallen
(be) Die beliebteste und publikumsstärkste Messe Berlins, die Grüne Woche, findet vom 16. Bis 25. Januar zum achtzigsten Mal statt. 1600 Aussteller sind in diesem Jahr auf der Messe für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau vertreten. Wenn man als besucher alle 26 Hallen besuchen möchte, muss man sich auf eine Strecke von acht Kilometern(!) gefasst machen. Dafür kann man sich einmal um die Welt futtern, kostenlose Proben sind aber eher Mangelware. Die Aussteller langen oft mit deftigen Preisen zu. Messebau ist teuer und so bauen leider die meisten Aussteller Jahr für Jahr dieselben Stände wieder auf. So ein Messerundgang stellt die Besucher vor große Herausforderungen. Die vielfältigsten Geruchseindrücke multinationaler Küchen sind kaum zu toppen und auch geräuschtechnisch wird bei vielen Ausstellern eine Menge geboten. Bands, Volksmusikgruppen und Trachtenkapellen sorgen in einigen Hallen für eine ausgelassene Stimmung.
Berlin und Brandenburg
Berlin ist unter dem Motto „Wunderland“ mit allem vertreten, was diese Stadt so vielfältig macht. Da darf natürlich die gute Currywurst von „Curry 36“ nicht fehlen. An bunten Marktständen kann man Schokolade oder die leckeren Produkte der Steglitzer Senfmanufaktur kennenlernen. Beispielsweise Erdbeer-, Orangen- und Olivensenf. Und wer traditionellen Schnaps aus Berlin sucht, findet den „Persico“ und andere Spezialitäten gleich nebenan. Kaffeeröstereien, Eis und Bierprodukte aus der Hauptstadt ergänzen das Angebot. (Halle 21b)
Ein Rundgang durch die gemütlich und stimmungsvoll aufgemachte Brandenburghalle (21a) ist ein unbedingtes Muss. Schließlich lernt man hier auf engstem Raum die meisten Spezialitäten des Bundeslandes kennen. Von der Spreewaldgurke über unendlich viele Geschmacksvarianten von Senf hin zu leckeren Wurstwaren aus Golßen ist alles dabei. Oder wie wäre es mit geräuchertem Knoblauch, Lachsknackern, Rauchbier, Tannenspitzennektar oder Käseeis? Hier bleiben kaum Wünsche offen. Und der vegetarisch-vegane Trend scheint in Berlin/Brandenburg seine Hochburg zu haben. Die Bäckerei Plentz aus Schwante päsentiert zur Internationalen Grünen Woche das Vegipan, ein laktose- und hefefreies, veganes Vollkornbrot. Die Rezeptidee stammt übrigens von einem östereichischem Bäcker. Eine Mitarbeiterin der Bäckerei berichtet uns von dem Herstellungsprozess des Brotes, das bei verschiedenen Temperaturen gebacken werden muss. Und es schmeckt wirklich lecker.
Weiterführende Infos: Bäckerei Plentz,
In unserem kleinen Videorundgang gibt’s einiges aus der Brandenburghalle und aus der Berlinhalle zu sehen.
Stimmungsvolles Bayern
Das Bundesland Bayern zeigt vollen Einsatz auf der Grünen Woche und ist mit letztendlich 2000 Mitwirkenden vertreten. Dazu gehören Musikkapellen, Trachtengruppen und viele mehr. Geboten wird in der Halle 22b aber auch absolut klassische bayerische Stimmung in einem typischen Biergarten. Dirndl und Lederhosen fehlen in dieser Halle genausowenig, wie die allseits so beliebten bayerischen Spezialitäten aus Fleisch, Käse oder goldgelbem Gerstensaft. Letzterer fließt in der Bayernhalle sicherlich in Strömen. Kellnerinnen schleppen riesige Tabletts mit Schmankerln durch die Halle. Selbst Alphornbläser fehlen nicht, die hatte ich bisher eigentlich nur in der Schweiz vermutet. Wer Trachten mag, kommt in der Bayernhalle ebenfalls auf seine Kosten.
Weiterführende Infos: —
Besuch in der Tierhalle (25)
Die Tierhalle ist mit 7.500 Quadratmetern die größte Halle der Grünen Woche. In einem offenen Stall begegnet man Pferden, Kühen Ziegen, Schweinen, einem Wasserbüffel und vielen anderen Tieren. Die Tierhalle ist vor allem bei Familien mit Kindern beliebt, können sie doch auf der messe einmal Tieren hautnah begegnen. Die Tierhaltung in der Landwirtschaft steht seit Jahren zunehmend bei Umweltverbänden und Verbrauchern in der Kritik. Und so paradiesisch wie es die gemalten bunten Riesenbilder an den Wänden der Ausstellungshalle sugerieren möchten, werden Nutztiere auch in der Bundesrepublik längst nicht gehalten. Im Vordergrund stehen leider meist nur die Ertragszahlen aber nicht das Wohl der Tiere. Am 17. Januar hatten deshalb zum fünften Mal ca. 80 Verbände zu einer großen Demo unter dem Titel: „Wir haben es satt“ aufgerufen, dem zehntausende Bürger folgten, die ihren Protest gegen Massentierhaltung gegen Gentechnologie und das geplanten TTIP-Abkommen zum Ausdruck brachten.
Zurück zur Tierhalle. Das Deutsche Karakulschaf ist die Bedrohte Nutztierrasse des Jahres 2015. Einige erwachsene Tiere und Jungtiere sind in der Halle zu sehen. Nach Aussage einer Fachfrau gäbe es nur noch wenige Züchter, die sich mit der Haltung des Karakulschafes beschäftigen und die wären auch nicht mehr so jung. Nach Landwirten, die sich für die Karakulschafzucht begeistern könnten, wird dringend gesucht.
In einem großen Vorführring werden übrigens in der Tierhalle Vorführungen und Wettkämpfe veranstaltet.
Weiterführende Infos: Wir haben es satt,
Die Blumenhalle (9)
Einen gelungenen Eindruck macht in diesem Jahr wieder die Blumenhalle (Halle 9) Im Mittelpunkt der mit Baumstämmen waldähnlich gestalteten Halle steht die Welterberegion Wartburg Hainich in Thüringen. Der Nationalpark Hainich, macht in dieser Naturinszenierung in der Blumenhalle auf sich aufmerksam. Gärtner lassen mit mehr als 30.000 Blumen und Blüten den Frühling schon jetzt in der Halle stattfinden. Kleine Wasserläufe, hübsch gestaltete Plätze, ein dekoratives Licht und Bänke zum Ausruhen schaffen einen gesamteindruck der in Erinnerung bleibt.
Weiterführende Infos: Nationalpark Hainich,
In unserem Videorundgang gibt es einiges von der Blumenhalle zu sehen:
Demeter in der Biohalle
Auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) präsentiert sich die Demeter-Gemeinschaft in der Biohalle 1.2b/ Stand 217 unter dem Motto „Wir sind die mit den Kühen“. Demeter ist der einzige Bio-Verband, der die Tierhaltung verbindlich vorschreibt. Wer den Demeter-Kühen in der Messehalle begegnet, erfährt Interessantes über die wichtige Funktion der Hörner, die Demeter-Kühe mit Stolz und Würde tragen, über die Qualität von biodynamischen Milchprodukten, den wichtigen Beitrag der Rinder zur Bodenfruchtbarkeit und über die vielfältigen Pluspunkte der Wiederkäuer für den Hoforganismus.
Die Mitaussteller am Demeter-Stand berichten von ihrer biodynamischen Arbeit und präsentieren ihre Produkte. Vor Ort sind das Ökodorf Brodowin und der Ökohof Kuhhorst, die traditionsreiche Berliner Bäckerei Weichardt-Brot und das Weingut Feth. Im kleinen aber feinen gastronomischen Angebot am Demeter-Stand werden die Lebensmittel der Partner für den Frühstücksteller, die Suppen und den Kaffee zum Kuchen kulinarisch eingesetzt und sinnlich erfahrbar für die Besucher.
In Deutschland wirtschaften über 1400 Landwirte mit mehr als 72 000 Hektar Fläche biologisch-dynamisch. Zum Demeter e. V. gehören zudem etwa 330 Demeter-Hersteller und –Verarbeiter sowie Vertragspartner aus dem Naturkost- und Reformwaren-Großhandel. Als internationale Bio-Marke ist Demeter auf allen Kontinenten vertreten. Von Argentinien bis Ungarn wird in rund 50 Ländern von etwa 4900 Bauern mit rund 160000 Hektar Fläche nach den konsequenten Demeter-Richtlinien anerkannt biologisch-dynamisch gewirtschaftet. Der weltweite Umsatz mit Demeter-Produkten wird auf rund 220 Millionen Euro geschätzt.
Partnerland Lettland
Während der zehn Grüne Woche-Tage präsentiert das diesjährige Partnerland Lettland eine riesige Auswahl seiner landestypischen Spezialitäten. Vom 16. bis 25. Januar wollen mehr als 100 Produzenten aus dem baltischen Staat ihre Nahrungs- und Genussmittel auf der weltgrößten Ausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau vorstellen. Im Mittelpunkt der Präsentation in Halle 8.2 stehen die sieben Produktgruppen Brot, Bier, Honig, Käse, Fleisch, Öle und Gewürze sowie Süßwaren.
Lettisches Brot – die baltische Benchmark
Das lettische Brot ist legendär. Auf der Grünen Woche gibt es dunkles und helles Früchtebrot, Walnuss- und Karottenbrot, Süßsauerbrot und das sagenhafte Roggenbrot. Von dem schwärmen sogar die baltischen Nachbarn. Als „Röstbrot“ zum Bier ist es eine Delikatesse, die zudem den Alkoholgehalt des Bieres ein wenig kompensieren kann.
Bier, das man auch lutschen kann
So vielseitig die Brot-Variationen, so vielseitig sind die lettischen Biersorten auf der Grünen Woche. Nur „Hell“ oder „Dunkel“ wäre den Letten zu simpel. Mehr als ein halbes Dutzend Sorten werden im Laufe der Grünen Woche in der Messehalle kredenzt. Wem das nicht genügt: Es gibt sogar ein erfrischendes Bier-Eis.
Honig – nicht immer eine süße Sache
Vom Bier zum Honig-Bier ist es nur ein kleiner Schritt. Denn auch die lettischen Honig-Variationen sind schier unübersichtlich: Vom Heidekraut- über Mandel- und Haselnuss-Honig bis zu Knoblauch-, Propolis- und Zitronen-Honig oder Honig mit Weißdornöl reicht die Palette. Selbst Pollenhonig, ein Relikt aus der Urzeit der Honiggewinnung, als die Honigschleuder noch nicht erfunden war, wird bei den Letten verkostet.
Käse – lettische Kreativität der Milchverarbeitung
Die Besucher der Grünen Woche können sich auch von den Käse-Variationen des Landes überzeugen: Käse mit Samenkörnern oder Tomaten, mit Bockshorn- oder Honigklee, mit Knoblauch oder Brennnesseln, nach Emmentaler, französischer, griechischer oder holländischer Art, aus Kuh- oder Ziegenmilch, ja sogar nach russischem Rjashenka-Rezept – den Letten ist keine Idee zu spektakulär, um Marktnischen zu erobern.
Fleisch – Wild ist immer eine gute Wahl
Auch beim Fleisch geht es vielseitig zu. Weil mehr als 54 Prozent der Landesfläche Waldgebiete sind, finden sich auf lettischen Speisekarten neben Schwein und Kalb auch Elch und Hirsch, Reh und Wildschwein. Und wer Kaninchen, Schafs- oder Straußenfleisch probieren möchte, wird in der Lettland-Halle auf den Geschmack kommen. Bei einem Fleisch-Selbstversorgungsgrad von mehr als 140 Prozent (Deutschland: 119 Prozent) ist Lettland ein typisches Fleisch-Exportland.
Öle und Gewürze – reiche Auswahl, vielseitiger Geschmack
Zucker und Salz als Gewürzkombination mag ebenso ungewohnt anmuten wie Leinsamen mit Inulin. Die Öl- und Gewürzauswahl in der Lettland-Halle dürfte es mit manchem Fachgeschäft aufnehmen. Auf der Grünen Woche präsentiert das Partnerland vom Hanfsamenöl- und aufstrich über Leinsamen mit Äpfeln, Karotten, Quitten, Zimt und Johannisbeeren bis zu Weißdornpfeffer, Blaubeer- oder Vogelbeer-Essig außergewöhnliche Zutaten, die Gerichte schmackhaft machen. Immer wieder dabei ist Knoblauch, zum Beispiel als marinierte Knoblauchblüten.
Süßwaren – für alle, die das Extravagante mögen
Cheesecake- oder Kürbis-Eis mit Quitten, Ziegenmilch- oder Weißdornsorbet – wer Süßes mag, ist bei den Letten richtig. Die Schokoladen- und Pralinen-Produktion hat in Lettlands Hauptstadt Riga lange Tradition. Hinzugekommen sind heute Cranberrys – als Baiser oder knackige Puderzuckerbonbons. Neben kandiertem Rhabarber und Kürbis gibt es Torten-Spezialitäten, Birkensaftsirup und vieles mehr. Und nicht fehlen dürfen Pralinen mit Balsam, jenem legendären Kräuterlikör, der in Lettland für und gegen alles hilft.
Der Käse-Stopp
Am Schweizer Stand kommen wir als absolute Käsefans nie vorbei ohne etwas vom leckeren Le Gruyère und dem wunderbaren Appenzeller zu erstehen. Die in alter Tradition hergestellten Käse sind ein wunderbarer Genuss. Darüber hinaus sollten sie vielleicht auch den Tete de Moine ausprobieren, der mit der Girolle, dem speziellen Drehmesser, zu wunderbaren duftigen blumig-würzigen Rosetten geschabt wird. Der Käse wurde vor achthundert Jahren von Mönchen des Klosters Bellelay im Schweizer Jura erfunden. Und wer noch etwas ganz besonderes sucht, sollte unbedingt den Sbrinz probieren. Dieser Käse ist ein Genuss für Hartkäseliebhaber. Erst nach einer mindestens 24-monatigen stehenden Lagerung haben die schweren Laibe ihren wunderbaren vollen Geschmack entwickelt. Dieser Käse soll als Vorbild für den Parmesan gedient haben.