„Menschenzeit“

von Christian Schwägerl

„Menschenzeit“, die Erdepoche des Anthropozäns, so benannt vom Nobelpreisträger Paul Crutzen, ist ein unrühmliches Zeitalter. Das gleichnamige Buch des in Berlin lebenden Buchautors Christian Schwägerl stellt im Untertitel die Frage: „Zerstören oder gestalten?“. Ich gebe mir eigentlich gleich die Antwort. Zerstören natürlich!. Denn während ich das Buch lese, prasseln die üblichen Negativmeldungen munter auf mich ein. In Ungarn werden mal eben aus Nachlässigkeit riesige Landstriche mit giftigem Schlamm unbewohnbar gemacht, eine Naturschutzkonferenz wird bestimmt mal wieder scheitern. Vor Jahrzehnten gesetzte Ziele, zum Beispiel im Artenschutz, sind nicht ansatzweise erreicht worden. Die Schlagzeile: „Wir leben, als wenn wir zwei Planeten hätten“ bestätigt nur das, was ich in den letzten dreißig Jahren miterlebt habe. Es passiert so gut wie nichts! Nichts, was diesen Planeten nachhaltig zum Positiven verändern könnte. Und deshalb fehlt mir für die Zukunft auch der Glauben an eine Umkehr.

Das Buch „Menschenzeit“ meint es gut, es will Hoffnung machen, eine Umkehr sei möglich. Doch die Menschheit, die dazu fähig wäre, gibt es nicht! Mögen einzelne, gar hunderttausende Menschen, vernünftig handeln, es wird nie die globalen Abläufe verhindern, die den Planeten ruinieren. Zum Beispiel Dünger und Pestizide in der Landwirtschaft. Niemand von uns würde freiwillig Dinge in die Nahrung mischen, die gesundheitsschädlich sind. Doch trotzdem passiert so etwas weltweit. Warum? Aus Gründen der Profitmaximierung. Und genau das ist der stärkste Motor der Umweltzerstörung. Für mich ist die Menschenzeit leider mehr eine Endzeit!.

Fazit: Christian Schwägerl beschreibt über weite Strecken des Buches die Auswirkungen des menschlichen Handelns, das unseren Planeten so tiefgreifend verändert. Die aufgezeigten Aktionspotentiale im Buch empfinde ich dagegen als rührend utopisch-phantastische Vorstellungen, ohne jede Chance. Das haben die letzten Jahrzehnte bewiesen. (be)

Riemann Verlag (20. September 2010)
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten, 19,95 Euro

Christian Schwägerl gehört zu den profiliertesten Wissenschafts- und Umweltjournalisten in der deutschen Medienlandschaft. Mit Umweltthemen befasst sich der Biologe schon seit mehr als 20 Jahren. Beim SPIEGEL arbeitet er seit 2007 als Redakteur mit den Schwerpunkten Umwelt-, Energie- und Forschungspolitik. Zuvor war er als Wissenschafts- und Feuilletonkorrespondent der F.A.Z. in Berlin tätig. Für seine Leistungen hat er den »Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus« und den »Econsense-Journalistenpreis« für Nachhaltigkeit erhalten.